Schlossgeschichte wird erforscht

Das Schloss war Tuberkulose-, später Behindertenheim. Doch die Hintergründe sind fast unbekannt.

Von Kerstin Fiedler

Schlossgeschichte wird erforscht

So hochmodern wie die medizinischen Geräte an ihrem Arbeitsplatz im Klinikum Döbeln, haben es Anna-Maria Schulz und Alexander Kaden im Schloss Gröditz nicht. Denn dort erforschen die beiden die Geschichte als TBC- und Behindertenheim. © Gudrun Hetzel

Anna-Maria Schulz und Alexander Kaden haben gut lachen. Denn sie haben jetzt im Schloss Gröditz die Themen für ihre Doktorarbeiten gefunden. Dank der Hilfe von Dr. Gudrun Hetzel, in deren Team sie am Klinikum Döbeln arbeiten. Gudrun Hetzel ist verliebt in das Schloss nahe Weißenberg. Sie engagiert sich dort seit Längerem im Förderverein Pro Gröditz, ist oft in ihrer freien Zeit vor Ort, hat schon eine Ausstellung mit auf die Beine gestellt. Als sie die in einem Holzverschlag auf dem Boden des Schlosses gesammelten alten Medizingeräte sah, wurde sie neugierig. Und sie wünschte sich, dass die medizinische Geschichte des Schlosses wissenschaftlich untersucht werden könnte. Nun wird dieser Wunsch Wirklichkeit.

Schlossherr Beat von Zenker und der Förderverein Pro Gröditz unterstützen das Vorhaben der Chirurgin, und so wurden auch schon die Unterlagen gesichtet. 1954 wurden alle Schlösser, die 1945 enteignet wurden, als Schule, Verwaltung oder als Krankenhaus umfunktioniert, weiß von Zenker. Wo eine solche Nutzung nicht machbar war, wurde das Herrenhaus zerstört und es wurde ein Bauernhaus mit Scheune, welches man Neubauernhaus nannte, gebaut. „Die Geschichte der Krankenhäuser, die sich hauptsächlich der Bekämpfung der Tuberkulose widmeten, ist bisher kaum erforscht“, sagt Beat von Zenker.

Sammlung alter Medizingeräte hat gefallen

Warum aber gerade in Gröditz eine Tuberkuloseheilanstalt eröffnet wurde, ob es besondere klimatische oder bauliche Gründe, neben den bekannten politischen Entscheidungen, gab und die Frage, wer nach der Schließung des TBC-Heims entschieden hat, welche Patienten aus Großschweidnitz nach Gröditz verlegt wurden, das sind Fragen, die noch nicht beantwortet sind. Gudrun Hetzel hatte eine Idee. „Nach Abschluss des Medizinstudiums besteht bei den meisten Ärzten der Wunsch, noch den Titel Dr. med. zu erwerben. Und so habe ich die beiden jungen Ärzte bei mir gefragt, was sie von der Idee der Medizingeschichte im Gröditzer Schloss halten“, sagt die sympathische Ärztin. Anna-Maria Schulz, die sich in der Facharztausbildung zur Chirurgin befindet, und Alexander Kaden, der Facharzt für Orthopädie wird, sind dann mit nach Gröditz gefahren, haben auch schon am Parkseminar teilgenommen. Dort ging es mehr um praktische Arbeiten außerhalb des Hauses als um Medizin. Doch offenbar hat den beiden nicht nur das Parkseminar und das Schloss, sondern auch die Sammlung der alten Medizingeräte gefallen.

Schulz und Kaden haben in Leipzig Medizin studiert. Sie ist 30 und stammt aus Lauchhammer. Ihre Doktorarbeit befasst sich mit dem älteren Teil der Geschichte und hat das Thema „Die Entwicklung der Tuberkulosebehandlungsstätte im Schloss Gröditz in der sowjetischen Besatzungszone und der DDR von 1945 bis 1965“. Kaden, der ein Jahr älter ist, kommt aus Freital. Sein Thema lautet „Entwicklung der psychiatrischen Außenstelle des Klinikums Großschweidnitz im Schloss Gröditz von 1965-1989“. Und obwohl die Themen eigenständig sind, ist es für die beiden angehenden Fachärzte doch einfach, sie gemeinsam zu bearbeiten. Denn sie sind auch privat ein Paar und leben in Leipzig.

Doktorvater ist gefunden

Das Vorhaben wäre aber immer noch nur eine Idee geblieben, wenn nicht Prof. Dr. Caris-Petra Heidel, die Direktorin des Instituts für Geschichte der Medizin an der Universität Dresden, Gefallen an den Themen gefunden hätte. Ihr Institut befasst sich seit einiger Zeit mit der medizinhistorischen Geschichte nach 1945. Und nun wird sie die Doktorarbeiten der beiden betreuen. „Das ist immer am schwierigsten, einen Doktorvater zu finden“, sagt Gudrun Hetzel. Nun gut, in dem Fall ist es wohl eine Doktormutter.

Nun würden sich alle Beteiligten freuen, wenn die Bürger aus der Region, die Hinweise und vielleicht auch Material für das Erstellen der wissenschaftlichen Arbeiten haben, sich melden. Auch Zeitzeugen werden gesucht. „Dann kann auch unsere kleine Medizingeräte-Sammlung vielleicht beschriftet und öffentlich gemacht werden“, sagt von Zenker.

Kontakt über den Förderverein, Stichwort TBC-Schloss Gröditz: pro-groeditz[at]web.de

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